Punkte zählen auf dem 3D-Turnier

Was sich einfach anhört, ist tatsächlich recht kompliziert. Nicht das Zählen an sich und auch nicht das Durchblicken der verschiedenen Sportordnungen.  Sondern die unerfüllbare Aufgabe es allen Turnier-Teilnehmern recht zu machen.

Von Helmut Weiss

Damit es nach einem 3D-Turnier die durch die Bedeutung des Wortes „Turnier“ implizierte Rangliste der Teilnehmer gibt, muss man auf irgendeine Art und Weise Punkte vergeben, wovon die guten Schützen mehr und die anderen weniger bekommen. Die andere, besonders im Mittelalter populäre Turnierform, wo derjenige gewinnt, der am Ende als einziger noch lebt, ist heute recht selten geworden.

Es sollte also ganz einfach sein: der Sportler schießt vom ihm abhängig von Alter oder Bogenklasse zugedachten Pflock einen oder mehrere Pfeile Richtung Ziel. Jene Schützen, die zuverlässig den Beleg für die Herkunft des Namens „3D“ liefern, indem sie drunter, drüber oder daneben schießen, bekommen keine Punkte. Wer das Ziel trifft, bekommt Punkte. Oder auch nicht. Denn das hängt ab von der Sportordnung, also den Regeln, die man anwendet. So kann es sein, dass ein Treffer durch Horn oder Huf Punkte gibt oder nicht, je nach Regelwerk.

DSB rulez!

Bei den Isarwinkler Bogenschützen sind wir über den BSSB (Bayerischer Sportschützen Bund) an den DSB (Deutscher Schützenbund) und darüber wiederum an die World Archery Association angebunden, deren »Book of Rules« im Wesentlichen in die Sportordnung (SpO) des DSBs übernommen wurde und somit für uns Gültigkeit hat. Aus dieser SpO übernehmen wir so wesentliche Regeln wie z.B., dass ein Pfeil an einen Ring nur anliegen muss, um die höhere Wertung zu bekommen oder dass Horn und Huf nicht gewertet werden. Daran kann also ein Haken gemacht werden, denn andere SpOs sind nicht besser, sondern eben nur anders. Der Stein des Anstoßes der letzten beiden Vereinsmeisterschaften war vielmehr der Zählmodus, wo wir von der per SpO definierten Doppelhunter-Runde etwas abgewichen sind, und zwar derart, dass wir unseren großen »Tierbestand“ im Parcours ausgenutzt haben, um auf zwei verschiedene Ziele pro Station zu schießen. Dies hat bei vielen Schützen zwar für viel Spaß und auch bei den besseren Teilnehmern für die eine oder andere Herausforderung gesorgt, bei den weniger geübten allerdings wegen der vielen Misses (Nicht-Treffer) für Frust. Entsprechend wurde seitens des Vorstandes beschlossen, den Austragungsmodus für die kommende Vereinsmeisterschaft demokratisch abstimmen zu lassen. Da es jedoch sehr viele verschiedene Modi gibt, wurde eine Vorauswahl von der verschiedenen Zählweisen getroffen:

1.Die Doppelhunter-Wertung streng nach der SpO des DSB (ohne 2-Tier-Ausnahme)

2.Die Skandinavische 3-Pfeil-Wertung

3.Eine »Montessori-Wertung«, welche besonders für Turniere mit unterschiedlich geübten Teilnehmern ideal ist

Im Folgenden werden diese drei beschrieben.

Wahl #1: Die DoppelHunter Wertung

Anzahl Pfeile pro Schütze und Station: 2

Wertungsbereiche: 5 (mit »M«)

Bei der Doppelhunter-Wertung werden entsprechend der SpO des DSB von jedem Schützen bei jeder Station genau ZWEI Pfeile geschossen, beide direkt nacheinander vom selben Pflock auf dasselbe Ziel.

Wertung:

Beide Pfeile werden gleich gewertet, also entsprechend des Trefferbildes im:

  • Spot: 11 Punkte
  • Innere Trefferfläche: 10 Punkte
  • Äußere Trefferfläche: 8 Punkte
  • Körpertreffer: 5 Punkte
  • Miss (Daneben): 0 Punkte

Man kann pro Ziel bei dieser Wertung maximal 2 x Spot (11 Punkte) erreichen, also 22 Punkte.

Vorteile Doppelhunter:

  • Turnier ist gut planbar, weil jeder Schütze bei jedem Ziel immer genau zwei Pfeile schießt.
  • Turnier kann als Vereinsmeisterschaft dem Verband als Quali für die Bezirk gemeldet werden. Bis dato war allerdings die BM immer ein Quali-loses Meldeturnier.
  • Da auch sehr gute Schützen nicht immer den Spot treffen, gibt es am Ende des Turniers selten Punktegleichheit, sondern einen klaren Sieger.
  • Belohnt geübte und präzise Schützen, da ein Körpertreffer eines Zieles nur 45% der Punkte eines Spot-Treffers einbringt. Dieses kommt gleichzeitig der Jagd-Ethik am nächsten, wo ein Körpertreffer einem waidwund geschossenen Tier entspricht, was der Jäger unbedingt vermeiden will und somit sicherstellt, auch wirklich die »Trefferflächen« (also die vitalen Zonen Herz und Lunge) zu treffen.
  • Jeder Schütze bekommt mit dem zweiten Pfeil auch eine zweite Chance, diesen besser zu platzieren. Hat man sich mal in der Entfernung ein wenig verschätzt und der erste Pfeil steckt zu hoch oder zu tief, so kann man den zweiten dann entsprechend korrigieren.

Nachteile Doppelhunter:

  • Weniger geübte Schützen können aus der Belohnung für Präzision in Ermangelung ebendieser keine Vorteile ziehen.
  • Für benachteiligtes Material wie z.B. Langbögen mit Holzpfeilen ist es in der Tat so, dass eine 11 einem Glückstreffer gleichkommt. Dafür bilden diese Bögen aber eine eigene Klasse.

Wahl #2: Die 3-Pfeil-Wertung

Anzahl Pfeile pro Schütze und Station: maximal 3, der erste Treffer beendet das Schießen.

Wertungsbereiche: 3 (mit »M«)

Bei der sogenannten skandinavischen 3-Pfeil-Wertung kommt den inneren beiden Trefferflächen keine Bedeutung zu. Es zählt nur die gesamte Fläche als Kill. Es wird vom Pflock ein Pfeil auf das Ziel geschossen. Verfehlt dieser das Ziel (»M« für Miss), darf ein zweiter und im Falle einer erneuten Niete noch ein dritter geschossen werden. Die Pfeile müssen dazu mit 1, 2 und 3 markiert werden, und auch in dieser Reihenfolge geschossen werden.

Wertung:

Die max. drei Pfeile werden ungleich gewertet:

  • Trifft der erste Pfeil das Kill, also die gelbe Fläche im obigen Bild, schreibt der Schütze eine 20. Trifft der Pfeil das Ziel im Körper außerhalb der gelben Fläche, scheibt der Schütze eine 16. Geht der erste Pfeil daneben oder in einen nicht gewerteten Bereich wie Huf, schießt der Schütze einen zweiten Pfeil:
  • Der weite Pfeil trifft die gelbe Fläche, das Kill, dürfen 14 Punkte vermerkt werden, bei einem Körpertreffer deren 10. Geht auch der zweite Pfeil ins Unterholz, darf ein dritter geschossen werden:
  • Der gibt fürs Kill dann 8 Punkte und fürn Körper 4. Nur wenn auch der dritte Pfeil daneben geht, gibt’s keine Punkte, es wird ein »M« geschrieben.

Vorteile 3Pfeil:

  • Man hat 3 Versuche, das Ziel zu treffen.
  • Viele langjährige Schützen sind diesen Modus gewohnt, weil er früher der Standard für traditionelle Turniere war – es gab keinen Bedarf für eine Unterteilung des Kills, die ersten 3D Ziele hatten auch nur einen »Kill-Ring«.

Nachteile 3-Pfeil:

  • Gute Schützen schießen pro Ziel nur einen Pfeil.
  • Bei nicht allzu anspruchsvollen Turnieren gibt’s bei dieser Wertung meist mehr als eine Person, die die volle Punktezahl geschossen hat.
  • Körpertreffer (»waidwund«) werden belohnt, indem man dafür immer noch 80% der Punkte eines Kill-Treffers bekomme (20 / 16)
  • Weniger geübte Schützen oder Anfänger haben von diesem Modus keine Vorteile, da sie die Entfernung (den Pflock) einhalten müssen und sind damit auch beim dritten Pfeil überfordert.
  • Oft werden die Pfeile versehentlich nicht in der auf dem Pfeil markierten Reihenfolge geschossen, was zu unklaren Wertungen führt, wenn z.B. ein mit einer »2« oder mit 2 Ringen markierter Pfeil als erster gewertet werden soll.

Wahl #3: Die Montessori-Wertung

Anzahl Pfeile pro Schütze und Station: 2

Wertungsbereiche: 3 (mit »M«)

»Montessori« deshalb, weil sich die Schützen entsprechend ihres Könnens und ihrer Risikobereitschaft selbst den Pflock aussuchen können. Er wird ihnen nicht vorgegeben, sondern nur die damit erreichbare Punktezahl: die näher dran ergeben natürlich weniger als weiter hinten. Jedoch bringt ein Killtreffer von näher dran, also z.B. vom blauen Pflock, mehr Punkte als ein Körper Treffer vom roten Pflock.

Man kann sich als Schütze also ein Ziel und die Pflöcke ansehen und sich dann bei jedem Ziel erneut entscheiden, von welchem Pflock man schießen möchte. Man muss allerdings vor dem ersten Pfeil den Pflock festlegen und der zweite Pfeil wird auch vom selben Pflock geschossen. Die einzelnen Bogenklassen bleiben davon unbeeinflusst vorhanden, aber es steht z.B. einen Langbogenschützen frei, anstatt vom SpO-konformen blauen Pflock vom Roten zu schießen und damit mehr Punkte einzufahren.

Diese Wertungsmethode motiviert vor allem Anfänger und Ungeübte, weil diese bei schwierigen Zielen einfach weiter nach vorne gehen dürfen und somit Schüsse in die Botanik verhindern.

Wertung:

Die zwei Pfeile werden gleich gewertet:

  • Vom roten Pflock gibt’s fürs Kill 20 Punkte, für den Körper 12. Man kann also maximal 40 Punkte bei einem Ziel erreichen
  • Vom blauen Pflock gibt’s für einen Kill-Treffer 14 Punkte, für den Körper noch 7
  • Der weisse Pflock lässt einem bei »Kill« immer noch 8 Punkte scheiben, bei Körper dann nur noch 4.

Vorteile Montessori-Runde:

  • Jeder Schütze schießt genau 2 Pfeile auf dasselbe Ziel, das Turnier ist gut planbar.
  • Es gibt keine Unterteilung der Kill-Zone, jedoch wird Präzision durch einen größeren Punkteunterschied zwischen Kill und Körper belohnt.
  • Weiter wird Präzision (und waidmännisches Jagen) belohnt, indem man mehr Punkte für Pfeile im Kill des vorderen Pflockes bekommt, verglichen mit einem Körpertreffer vom hinteren.
  • Für ungeübte Schützen ist es oft kein Vorteil, 3 Pfeile vom vorgegebenen, aber zu weit entfernt stehenden Plock zu schießen. Diese können sich in diesem Modus bei jedem Ziel erneut entscheiden, von welchem Pflock sie schießen wollen.
  • Benachteiligtes Material wie Holzpfeile hat damit die Chance, die höchsten Punktezahlen zu erreichen, weil die Gesamt-Killzone als eine Fläche gewertet wird.

Nachteile Montessori-Runde:

  • Sie ist neu: Nach dem Motto »des hamma ja no nia a so gmacht« werden manche diesen Modus ablehnen.
  • Anfänger haben nicht immer das richtige Auge dafür zu entscheiden, ob man nun lieber näher ran geht oder das Risiko eines blauen oder gar roten Pflockes eingeht.
  • Da die Wahl bei jeder Station erneut von jedem Schützen getroffen werden muss, kann es das Turnier verzögern.
  • Die rotierende Schussreichenfolge kann dazu führen, dass erst von einem Pflock weiter vorne geschossen wird und diese Schützen dann nach hinten, aus der Schusslinie gehen müssen. Genau so, als hätte man ein Kind in der Gruppe, das immer von Weiss schießt.

Zusammenfassung:

Die etwas angestaubte 3-Pfeil-Runde mag sich für viele richtig anfühlen, weil man es halt so aus der Vergangenheit kennt. Man bedenke aber beispielsweise diese Situation:

Da trifft der eine auf den ersten 3 Zielen seinen Pfeil mitten ins Kill, ein anderer Schütze schießt beim ersten Ziel ins Ohr des Rehs, beim zweiten Ziel, dem Truthahn, ins nicht abgegrenzte Gefieder und beim dritten Ziel voll ins Gedärm des Steinbocks. In der 3-Pfeil-Wertung trennen beiden dann grad mal 12 Punkte (60 zu 48, also 20%). Bei WA wären das mindestens 50% (10 oder 11 zu 5). Bei der Montessori-Wertung kommts drauf an, welchen Pflock sich die Schützen ausgesucht haben.

Man erkennt also leicht, dass die 3Pfeil-Wertung jagdliche Aspekte außer Acht lässt und die beiden anderen Modi hier die realen Jagdsituationen sehr viel besser nachbilden. Vor allem für weniger geübte Bogensportler oder solche, die damit erst anfangen, gibt die Montessori Wertung noch die Möglichkeit, einfach „näher ran“ zu gehen, was diesen Kameraden sehr viel mehr Spaß bringt, als von weiter weg 3 Pfeile danebenzuschießen.

(hw)