Ja, aber sicher!
Findet das olympische Bogenschießen auf abgesperrten Flächen statt, so gehen die 3D- und Feldbogenschützen ihrem Sport in meist öffentlich zugänglichen Wald- und Wiesengebieten nach.
Eine Gefahr für Wildbestand und Wanderer?
Von Helmut Weiss
Der Bogensport hat vier international „genormte“ Disziplinen: neben den 18-Meter Hallen-Meisterschaften und dem von den olympischen Spielen bekannten Schießen auf die bunten Ringscheiben kennt WA (World Archery, der internationale Bogensportverband) noch Feldbogen und 3D.
Beide Sportarten werden in der Natur, vorzugweise in hügeligem Waldgelände durchgeführt und unterscheiden sich primär in der Art der Ziele. Feldbogen-Schützen schießen ähnlich zu den Olympischen auf Ringscheiben, die 3D Schützen auf Tiernachbildungen aus gummiähnlichem Schaum. Anhand der Ziele kann man sich leicht ableiten, woher der 3D Bogensport kommt: Er wurde von Jägern erfunden, um außerhalb der Jagdsaison üben zu können. Üben, Tiere zu treffen. Tiere zu töten. Punkt, ist so.
Nachwuchssportlerin beim Pfeilewerten am 3D Ziel
Da aber in Deutschland wie in den meisten europäischen Ländern die Bogenjagd streng verboten ist, stellt sich die Frage, warum gerade 3D den größten Zulauf aller Bogendisziplinen hat. Vermutung: Neben dem erholsamen Aufenthalt in den Wäldern sind es die vorgegebenen Regeln, welche z.B. die Schussentfernungen relativ kurzhalten. „Jagdlich nah“ sagt man dazu, damit ein Jäger zuverlässig die vitalen Zonen treffen kann. Dies macht es Einsteigern und Breitensportlern mit weniger Zeit zum Training leichter, die Ziele zuverlässig zu treffen als die 70m entfernt stehenden Ziele auf einer Bogenwiese. Das motiviert und ja, es macht Spaß! Und das in jedem Alter von 7 bis über 70 Jahre. Es ist also ein Familiensport.
Aber was bedeutet das für Wanderer, für die Pilzesammler, Mountainbiker und für die „echten“ Tiere? Werden die auch zum Ziel, wenn sie in eine Schussbahn laufen?
Geregelte Sicherheit
Bedauerlicherweise ist es vermutlich aus oben genanntem Grund, das Jagdtraining als Ursprung des 3D Sports, immer die Bogenjagd, die der unbedarften Allgemeinheit beim Thema 3D Bogensport in den Sinn kommt. Alternativ sind es die daumendicken Pfeile der blauen Menschen auf Pandora im Film Avatar, oder John Rambo und Katniss Everdeen, die mit Pfeil und Bogen Kampfflugzeuge vom Himmel schießen. Dass die Pfeile der Bogensportler beim Treffen des Zieles nicht explodieren wie im Film ist noch leicht zu erklären. Aber was unterscheidet den 3D Bogensport von der Bogenjagd? Nun, eigentlich alles.
Immer mehr verfügbare „vegane 3D Ziele“, hier die Kürbisse von Schosi3D, unterstreichen den Image-Trend weg vom Bogenjagd-Training
3D Bogenschießen ist kein Jagdtraining Die Bogensportverbände sind bemüht, sich von der Jagd abzugrenzen und den sportlichen Aspekt zu betonen. Das fängt damit an, dass Bogensportler bei Turnieren aus Image- und Sicherheitsgründen nicht in Jagd-Tarn-Kleidung („Camo“) antreten dürfen und hört erst bei einschränkenden Regeln zum Sportgerät auf. Ein starker Jagdbogen oder Jagdpfeile wären genauso wie eine Armbrust auf keinem 3D Turnier zugelassen!
Der Sportbogen ist keine Waffe im Sinne des Gesetzes, darum ist ein Bogensportgelände auch kein Schießstand und muss nicht umzäunt werden. Der entscheidende Unterschied eines Sportbogens zu einem Jagdbogen ist die Einschränkung im Zuggewicht und damit in der Energie, mit der ein Pfeil geschossen wird. Muss ein Jagdpfeil genug Energie mitbringen, um auch mal eine Rippe oder ein Schulterblatt eines Elches oder Ebers zu durchschlagen, müssen und sollen Sportpfeile nur wenige Zentimeter in die weichen Schaum-Zielscheiben eindringen, um deren Verschleiß gering zu halten und das Risiko von Querschlägern zu minimieren. Auch bei den Pfeilen selbst gibt es einen ganz entscheidenden Unterschied. Zum Tiere töten nimmt der Jäger sogenannte Jagdspitzen, die aus rasierklingenscharfen Schneiden bestehen. Sportpfeile dagegen haben eine Spitze, die nicht dicker sein darf, als der meist nur 5mm dünne Schaft (siehe Bilder). Entsprechend sind Jagdpfeile schwer, Sportpfeile dagegen bestehen aus einem dünnen Carbonröhrchen oder Fichtenholz-Stöckchen, ca. 5 oder 6mm dünn und 12 bis 20 Gramm leicht. Dahinter steht der Gedanke des minimalen Verschleißes der Ziele und natürlich die Sicherheit.
Links: ein Jagdpfeil mit schwerer Spitze und Schneidklingen (im Sportbogenbereich verboten) Rechts: ein üblicher Sportpfeil
Ein berechtigter Einwand ist an dieser Stelle, dass natürlich auch ein Sportpfeil nicht am Hosenboden des Pilzesammlers abprallt, sondern zu ernsthaften Verletzungen führen würde. Darum wird effektiv verhindert, dass sich die Wege von Waldbenutzern und den Pfeilen der Bogensportler kreuzen.
Sicherheit im Parcours
„Parcours“, so nennt man international üblich das Waldgelände, wo der 3D- oder Feldbogensport ausgeführt wird. Und wie das gestaltet wird, dafür gibt es klare Regeln, wovon die meisten für die Sicherheit von Mensch und Tier sorgen.
Zur Info: Parcoursregeln Isarwinkler Bogenschützen
Vorab, in Deutschland gibt es über 200 und in Österreich um die 150 Bogenparcours, die meisten davon in öffentlich zugänglichen Wäldern.
Unfälle mit fliegenden Pfeilen gab’s bis dato keine. Dafür sorgen primär die Regeln, die es schon beim Aufbau der Ziele und Abschusspflöcke zu befolgen gilt. Die Schussbahnen werden so gestellt, dass diese sehr gut einsehbar sind, dass es keine Querschläger durch im Weg stehendes Gehölz gibt und dass am Ziel vorbei geschossene Pfeile keinen Schaden anrichten können. Dazu ist es z.B. geregelt, dass Bogenschützen ausschließlich von den vorgegebenen Abschusspflöcken Richtung Ziel schießen, also die Schussbahn vorgegeben ist und selbstverständlich keine Wanderwege kreuzt.
Der Schütze darf nur vom Abschlusspflock auf das Ziel schießen.
Des Weiteren sind die Ziele so zu stellen, dass vorbeigeschossene Pfeile im Waldboden daneben und dahinter gefangen werden – oder wo die Landschaft das nicht hergibt – Filzmatten diese Aufgabe übernehmen.
Zwei Beispiele für Ziele, wo die Natur nur unzureichenden Schutz vor verirrten Pfeilen gibt.
Es werden entweder Matten aus Filz und Schaumstoff aufgestellt oder ein durchschussfester Vorhang aufgehängt.
Der oft als Beispiel herangezogene Pilzsammler sollte also eine Schussbahn klar erkennen und der Schütze diesen vor dem Schuss mangels Unterholzes auch sehen können. In der Dämmerung mag das schwieriger sein, aber da wird nicht geschossen. Außerdem wird auf zahlreichen gut sichtbaren Schildern auf den Schießbetrieb hingewiesen.
Am gefährdetsten sind die Schützen selbst, die danebenschießen und dann ihren Pfeil aus dem Waldboden hinter dem Ziel bergen. Jedoch gibt es auch dafür Regeln, nämlich, dass in diesem Fall das Ziel deutlich mit Rucksack, Sportgerät oder Jacke zu bedecken ist und somit nachfolgende Schützen darauf aufmerksam gemacht werden, dass da noch einer hinter dem Ziel im Boden wühlt. Die Wege vom Ziel zum nächsten Abschusspflock sind so angelegt, dass sie rasch aus dem Gefahrenbereich, sprich: Der Schussrichtung herausführen. Also z.B. nach rechts oder links vom Ziel wegführen und nicht etwa hinter dem Ziel in der Verlängerung der Schussbahn.
Für die Sportler gibt es in den Vereinen vor dem ersten Parcours Besuch eine Einweisung, vergleichbar mit der Platzreife der Golfer. D.h., jeder kennt die Regeln und jeder sorgt dafür, dass auch unglückliche Umstände wie das versehentliche Lösen eines Pfeiles keine gefährliche Situation herbeiführen, indem der Bogen ausschließlich in Richtung des Zieles ausgezogen wird.
Flora und Fauna
Da Bogensportler ausschließlich per pedes unterwegs sind und auch keinen Ausrüstungs- Trolley nachziehen, ist die Belastung des Waldbodens gering, viel geringer als es z.B. durch die Stollenreifen von Mountainbikern der Fall ist. Die Ziele sind mit Holzpflöcken oder Stahlstangen und Spanngurten im Waldboden befestigt, welche bei Um- oder Abbau komplett und einfach entfernt werden können. Weitere Bauten, wie Seile, welche dem Wildbestand gefährlich werden könnten, gibt es üblicherweise nicht. Ausnahmen, z.B. für bewegte Ziele, sind mit der Jägerschaft abzusprechen. Genauso wie Ruhezeiten, die sicher stellen, dass z.B. zur Dämmerung alle Sportler aus dem Wald draußen sind und dass zur Zeit der Bodenbrüter der Parcours dann auch mal für 2 Wochen geschlossen ist.
Früher hat man gerne Ziele einfach per Spanngurt an einem Baum befestigt, da ja die Pfeile nur kleine Löcher im Holz verursachen. Es sind allerdings manche Bogenschützen gewesen, die dann großflächig den Pfeil aus dem Baum geschnitzt haben. Daraus hat man gelernt und stellt die Ziele nun so, dass Bäume nicht mehr getroffen werden können, was auch die Wahrscheinlichkeit von Querschlägern minimiert.
Fazit:
Werden die Regeln beim Aufbau eines Parcours und bei dessen Begehung beachtet und außerdem andere Interessensgruppen wie Jäger und Förster mit eingebunden, so stellt ein Bogenparcours auch in anderweitig, z.B. von Wanderern genutzten Wäldern keine Gefahr dar.
Weder für die Menschen, noch für die Tiere oder Bäume!